Théorie-Dérive: Die Universalismen der Anderen
Menschenrechte zwischen kolonialer Instrumentalisierung und paternalistischer Kritik
Die Methode folgt situationistischer Praxis: Umherschweifen durch Begriffslandschaften, geleitet von affektiver Resonanz statt linearer Argumentation – Schneisen schlagen, die andere nutzen können.

I. Ausgangspunkt: Das Paternalismus-Paradox
Die Kritik am westlichen Menschenrechtsuniversalismus hat sich etabliert. Postkoloniale Theorie und dekoloniales Denken haben die koloniale Kontamination universalistischer Ansprüche präzise analysiert. Die Menschenrechtserklärung von 1948, so der Einwand, universalisierte partikuläre westliche Werte; die plus 180 Unterzeichnerstaaten hätten aus kolonialer Überrumpelung unterschrieben, aus eintrainierter Unterwerfung unter westliche Normativität.
Doch genau hier öffnet sich ein Abgrund. Wer behauptet, postkoloniale Staaten hätten die UN-Charta bloß aus kolonialer Konditionierung unterschrieben, spricht diesen Staaten implizit ab, was die Kritik ihnen explizit zuschreiben will: Subjektstatus und die Kapazität zur Abstraktion vom Partikularen. Die Kritik reproduziert den kolonialen Gestus, den sie angreifen will – sie essentialisiert „den Anderen“ als unfähig zur Transzendierung kultureller Prägung.
Das ist ein Strukturproblem der Universalismuskritik selbst. Die Behauptung, Universalismus sei per se westlich, erhebt selbst universellen Anspruch – sie gilt angeblich überall, ohne Ausnahme. Und sie bleibt provinziell – kennt nur die eigene Tradition und projiziert deren vermeintliche Einzigartigkeit auf alle anderen. Der Westen, so die implizite Annahme, kann universalisieren; die Anderen können nur partikular sein, gefangen in ihren Kulturen. Das ist der koloniale Gestus par excellence: die Monopolisierung von Rationalität.
Diese Drift fragt anders: Was, wenn die plus 180 Staaten tatsächlich abstrahieren konnten? Was, wenn andere Traditionen eigene Universalismen besitzen, die mit dem westlichen konvergieren, ohne von ihm abzustammen?
II. Erste Drift: Das Unbenennbare (Laozi)
道可道非常道 – „Das Dao, von dem man sprechen kann, ist nicht das omerwährende Dao.“ Der erste Satz des Daodejing warnt vor Fixierung: Jede Benennung verfehlt das Benannte.
Die westliche Kodifizierung der Menschenrechte wäre dann eine Benennung unter möglichen anderen – nicht die Sache selbst, sondern ein Versuch, etwas zu artikulieren, das jede Artikulation übersteigt. „Human dignity“, „droits de l’homme“, „Menschenwürde“ – verschiedene Worte für etwas, das älter ist als diese Worte.
天理 (tiānlǐ) – das himmlische Prinzip der neokonfuzianischen Tradition – war universeller Bezugspunkt: eine kosmische Ordnung, die menschliches Handeln orientiert, erkennbar für alle, die sich ihr öffnen. Die daoistische Epistemologie löst das Authentizitätsproblem elegant: Man kann abweichen, ohne zu verfälschen; verschiedene Formulierungen können dasselbe meinen. Die UN-Charta wäre dann nicht „der“ Universalismus, sondern eine Verdichtung – dichter im Kern (Folterverbot, Genozidverbot), diffuser an den Rändern.
Die Kritik am westlichen Universalismus trifft die Formulierung, nicht das Formulierte. Sie verwechselt das Dao mit seinen Namen.
III. Zweite Drift: Relationale Würde (Ubuntu)
„Umuntu ngumuntu ngabantu“ – ein Mensch ist ein Mensch durch andere Menschen. Ubuntu denkt Menschsein relational: nicht als Eigenschaft isolierter Individuen, sondern als Knotenpunkt in einem Beziehungsnetz. Würde wird hier zur Funktion der Anerkennung, die alle einander schulden.
Das scheint dem westlichen Menschenrechtsdiskurs zu widersprechen, der vom autonomen Individuum ausgeht. Doch Ubuntu formuliert selbst einen universellen Anspruch – alle Menschen sind in dieser Weise verbunden; niemand ist ausgenommen. Die Struktur bleibt universalistisch; der Inhalt ist relational. Mogobe Ramose und Desmond Tutu haben Ubuntu als afrikanischen Beitrag zur Menschenrechtsphilosophie entwickelt – nicht als Ablehnung, sondern als Reformulierung aus anderer Perspektive.
Die Konvergenz liegt in der Struktur: Westlicher und afrikanischer Universalismus treffen sich in der Behauptung, dass alle Menschen moralische Berücksichtigung verdienen. Sie divergieren im Modus – hier Individualrechte, dort Beziehungspflichten. Die Differenz betrifft die Formulierung, nicht den Kern.
IV. Dritte Drift: Vernakularisierung (Merry)
Sally Engle Merry hat empirisch untersucht, was passiert, wenn Menschenrechte in lokale Kontexte eintreten. Ihre Feldforschung dokumentiert keine passive Übernahme, sondern aktive Transformation. „Vernakularisierung“ nennt sie den Prozess, durch den globale Normen in lokale Idiome übersetzt werden – angeeignet, umgedeutet, mit eigenen Traditionen verbunden.
Die Akteure sind keine kolonialen Marionetten. Die Frauenrechtlerin in Indien mobilisiert internationale Normen gegen lokale Gewalt; der hawaiianische Aktivist rahmt Landrechte als Menschenrechte; die chinesische NGO übersetzt „human rights“ in konfuzianische Kategorien. Überall Aneignung statt bloßer Übernahme.
Das widerlegt die Passivitätsunterstellung der Universalismuskritik. Mehr noch: Die Unterscheidung zwischen „authentischer“ lokaler Kultur und „importierten“ Menschenrechten ist selbst koloniale Konstruktion. Sie stabilisiert die Vorstellung einer reinen, unvermischten Tradition, die es nie gab. Die Authentizitätsforderung dient oft Eliten, die im Namen der „Tradition“ Herrschaft legitimieren.
V. Vierte Drift: Vier Keime (Mengzi)
惻隱之心 – das Herz, das Mitleid empfindet. Mengzi argumentiert: Alle Menschen besitzen diese Anlage. Kein Mensch sieht ein Kind in den Brunnen fallen und empfindet nicht spontan Betroffenheit – nicht aus Berechnung, sondern unmittelbar, vorbewusst, universal.
Die 四端 (sìduān) – die vier Keime des Guten – sind angeboren: Mitleid, Scham, Zurückhaltung, Unterscheidung von Richtig und Falsch. Sie bedürfen der Kultivierung, können verkümmern oder wachsen, aber ihr Vorhandensein bleibt universal.
Das ist universalistische Begründung moralischer Ansprüche – formuliert im 4. Jahrhundert v. Chr., lange vor der europäischen Aufklärung. Die konfuzianische Tradition kennt Debatten über Menschennatur, die den westlichen strukturell gleichen, ohne von ihnen abzuhängen. Die Behauptung, Universalismus sei per se westlich, kennt diese Tradition schlicht nicht.
VI. Fünfte Drift: Strategischer Essentialismus (Spivak)
Gayatri Chakravorty Spivak kennt das Dilemma präzise. „Can the Subaltern Speak?“ analysiert, wie die Subalterne – strukturell von Repräsentation Ausgeschlossene – nicht einfach sprechen kann, weil die Strukturen, die sie subaltern machen, ihr die Mittel der Rede entziehen.
Doch Spivak warnt auch vor dem Fetisch der Subalternität – der romantischen Verklärung des Schweigens als Widerstand. Wer der Subalternen das Sprechen verwehrt, weil jede Sprache kontaminiert sei, perpetuiert ihre Stummheit. Der „strategische Essentialismus“ erlaubt, Kategorien zu nutzen, deren Konstruiertheit man kennt – provisorisch, im Wissen um ihre Grenzen.
Die Menschenrechte wären dann strategisches Werkzeug: kontaminiert, westlich kodifiziert, aber dennoch nutzbar für Kämpfe, die ohne sie schwerer zu führen wären. Die Kritik, die der Subalternen diese Nutzung verwehrt, verurteilt sie zum Schweigen.
Spivaks Position bleibt präzise ambivalent: Die universalistischen Kategorien sind inadäquat UND unverzichtbar – zugleich, nicht nacheinander.
VII. Sechste Drift: Transmodernität (Dussel)
Enrique Dussel verschiebt die Koordinaten. Der argentinische Befreiungsphilosoph schlägt „Transmodernität“ vor: die von der Moderne Ausgeschlossenen entwickeln aus eigenen Ressourcen Alternativen, die die Moderne überschreiten, ohne hinter sie zurückzufallen.
1492 – nicht 1789 – markiert für Dussel den eigentlichen Beginn der Moderne. Die „Entdeckung“ Amerikas konstituiert die Moderne als globales System: Kolonialismus und Extraktion sind ihre konstitutiven Bedingungen. Die Kritik ist scharf, unwiderlegbar.
Doch Dussel verteidigt universelle ethische Ansprüche – gerade aus der Position der Kolonisierten. Die Opfer der Moderne haben ein Interesse an universellen Normen, die ihre Unterdrückung delegitimieren. Wer Universalismus aufgibt, gibt das Werkzeug auf, mit dem Kolonialismus kritisiert werden kann. Die partikularistische Alternative immunisiert Unterdrückung gegen Kritik.
Transmodernität fordert: Universalismus dekolonisieren, nicht abschaffen. Das westliche Monopol brechen, andere Traditionen als gleichberechtigte Quellen anerkennen.
VIII. Siebte Drift: Genre des Menschlichen (Wynter)
Sylvia Wynter radikalisiert Dussels Ansatz. Die jamaikanische Theoretikerin analysiert, wie der westliche Begriff „Mensch“ selbst kolonial konstruiert ist – nicht als neutraler Oberbegriff, sondern als exklusives Konzept.
„Man1“ – der religiös definierte Mensch des Mittelalters – wurde abgelöst durch „Man2“ – den säkular definierten Menschen der Moderne, rational, fortschrittlich. Beide Konzepte operierten exklusiv: Man1 schloss Heiden aus; Man2 schloss Nicht-Weiße und Frauen aus.
Wynters Forderung: nicht Inklusion in die bestehende Kategorie „Mensch“, sondern deren Neuerfindung. Die Kämpfe um Menschenrechte waren immer auch Kämpfe um die Definition dessen, wer als Mensch zählt. Jede Expansion der Rechte erforderte Expansion des Menschenbegriffs.
IX. Achte Drift: Homöomorphe Äquivalente (Panikkar)
Raimon Panikkars „diatopische Hermeneutik“ ermöglicht Verstehen über kulturelle topoi hinweg, ohne Reduktion auf einen gemeinsamen Nenner. Sein Konzept der „homöomorphen Äquivalente“ trifft den Kern.
Konzepte in verschiedenen Kulturen sind nicht identisch, aber funktional äquivalent. „Menschenrechte“ im Westen, „Dharma“ in Indien, „Umma“ im Islam erfüllen ähnliche Funktionen, ohne übersetzbar zu sein. Panikkar vermeidet sowohl Universalismus (alle Kulturen meinen dasselbe) als auch Relativismus (jede Kultur meint etwas anderes).
Die Menschenrechtsdebatte wäre dann: Dialog zwischen verschiedenen Universalismen, die sich gegenseitig befragen und korrigieren. Der westliche Individualismus kann vom Ubuntu-Relationalismus lernen; die konfuzianische Graduierung kann den westlichen Egalitarismus differenzieren. Keiner hat das letzte Wort.
X. Neunte Drift: Epistemologien des Südens (Santos)
Boaventura de Sousa Santos hat den Begriff „Epistemizid“ geprägt: die systematische Zerstörung nicht-westlicher Wissensformen durch Kolonialismus. Nicht nur Körper wurden unterworfen, auch Erkenntnisweisen.
Santos‘ Vorschlag ist nicht Ablehnung, sondern „interkulturelle Übersetzung“: verschiedene Kämpfe – Menschenrechte hier, Buen Vivir dort, Ubuntu anderswo – übersetzen sich ineinander, ohne auf einen gemeinsamen Nenner reduziert zu werden. Ecuador und Bolivien haben „Buen Vivir“ verfassungsrechtlich verankert, ohne die Menschenrechte aufzugeben.
Santos‘ Konklusion: Universalismus ist möglich, aber nur als „pluriversaler“ Universalismus – einer, der seine eigene Partikularität anerkennt, der sich von anderen befragen lässt.
XI. Knotenpunkte: Erste Verdichtung
Das Unaussprechliche und seine Artikulationen: Daoistische Epistemologie, Ubuntu, konfuzianische Ethik, Dussels Befreiungsphilosophie teilen eine Struktur: Es gibt etwas, das jede Formulierung übersteigt, aber dennoch artikuliert werden muss. Die westliche Kodifizierung ist eine Benennung unter möglichen anderen.
Die Falle der Authentizitätskonstruktion: Merry und Spivak legen offen, dass die Unterscheidung zwischen „authentischer“ lokaler Kultur und „importierten“ Menschenrechten koloniale Kategorien stabilisiert. Sie schreibt dem Westen die Kapazität zur Universalisierung zu, während sie Anderen diese Kapazität abspricht.
Plurale Universalismen: Mengzi, Ubuntu, Dussel, Panikkar formulieren universelle Ansprüche aus nicht-westlichen Ressourcen. Die Konvergenz verschiedener Traditionen auf ähnliche Schlüsse deutet auf transkulturelle Intuitionen.
Genetik vs. Geltung: Die westliche Genese ist Faktum; die universelle Geltung muss davon unabhängig diskutiert werden.
Teil II: Körper, Planeten, Relationen
Die Frage verschärft sich: Wenn universelle Menschenrechte plural gedacht werden können, was geschieht mit dem Begriff „Mensch“ selbst?
XII. Zehnte Drift: Betrauerbarkeit (Butler)
Judith Butlers Frames of War verschiebt die Frage: Nicht „Wer hat Rechte?“, sondern „Wessen Leben gilt als Leben?“ Nicht „Wer ist Mensch?“, sondern „Wessen Tod zählt als Verlust?“
Die Menschenrechte setzen voraus, was sie schützen wollen: das menschliche Leben. Aber nicht jedes Leben wird als Leben anerkannt. Butler analysiert, wie „Rahmungen“ bestimmen, welche Leben als betrauerbar gelten. Die Drohnenopfer im Jemen, die Ertrunkenen im Mittelmeer – sie sterben, aber ihr Tod produziert keine Trauer, keine politischen Konsequenzen. Sie waren, epistemisch gesehen, nie ganz lebendig.
Differentielle Betrauerbarkeit ist Bedingung und Effekt von Gewalt. Wer nicht betrauerbar ist, kann getötet werden ohne moralische Kosten. Die Expansion der Menschenrechte war immer Expansion des Kreises der Betrauerbaren – Abolitionismus machte Versklavte betrauerbar; Antikolonialismus machte Kolonisierte betrauerbar.
Universelle Prekarität – Butlers positiver Begriff – bezeichnet die ontologische Verletzlichkeit aller Lebewesen. Diese Prekarität ist universal; ihre Verteilung ist politisch.
XIII. Elfte Drift: Planetarisches Denken (Mbembe)
Achille Mbembes jüngere Arbeiten gehen über Kolonialismuskritik hinaus zu einem „planetarischen Denken“: Die ökologische Krise erzwingt eine neue Form von Universalismus, der weder westlich noch antiwestlich ist, sondern aus der gemeinsamen Prekarität aller Lebewesen emergiert.
Die Erde als gemeinsamer Bezugspunkt – nicht abstrakte Vernunft, nicht kulturelle Tradition. Der Planet ist das, was alle teilen; die ökologische Krise ist das, was alle trifft. Diese „terrestre condition“ bildet die Basis für einen Universalismus, der nicht vom Westen oktroyiert wird, sondern aus der planetaren Situation selbst emergiert.
Die Menschenrechte wären zu erweitern auf „Erdrechte“, auf Rechte nicht-menschlicher Lebewesen und zukünftiger Generationen. Ecuador und Bolivien haben „Rechte der Natur“ verfassungsrechtlich verankert; Neuseeland hat dem Whanganui-Fluss Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Das sind Vorgriffe auf einen Universalismus jenseits der anthropozentrischen Grenze.
Der Partikularismus schützt niemanden vor dem Klimawandel. Die ökologische Krise erzwingt Universalismus, auch bei denen, die ihn ablehnen.
XIV. Zwölfte Drift: Agentieller Realismus (Barad)
Karen Barads Meeting the Universe Halfway radikalisiert die Fragestellung. Ihre These: Entitäten existieren nicht vor ihren Relationen – sie werden durch Relationen konstituiert.
„Intra-Aktion“ bezeichnet diese konstitutive Verwicklung. Interaktion setzt voraus, dass die Interagierenden vor der Interaktion existieren; Intra-Aktion bedeutet, dass sie erst durch die Aktion entstehen. Die Realität ist nicht gegeben, sondern performativ hervorgebracht.
Übertragen auf Menschenrechte: Der „Mensch“ mit „Rechten“ existiert nicht vor den Praktiken, die ihn als solchen konstituieren. Die Menschenrechtserklärung „findet“ keine vorhandenen Rechte – sie performt sie, bringt sie hervor, macht sie real durch Praxis.
Die Frage „Sind Menschenrechte universell oder partikular?“ ist falsch gestellt. Menschenrechte werden real durch die Praktiken, die sie mobilisieren – durch Kämpfe, Klagen, Widerstand. Ihre „Universalität“ ist nicht Eigenschaft, sondern Effekt.
XV. Dreizehnte Drift: Primatologische Grundierung (de Waal)
Frans de Waals Forschung belegt: Empathie, Fairness, Kooperation sind evolutionär älter als Homo sapiens. Schimpansen trösten trauernde Artgenossen; Bonobos teilen Nahrung; Kapuzineraffen protestieren gegen ungleiche Belohnung. Die moralischen Intuitionen, die Mengzi als „vier Keime“ beschrieb, haben biologische Wurzeln.
Die „Menschenrechte“ wären dann Artikulation von Dispositionen, die wir mit anderen Arten teilen. Die Intuition, dass Grausamkeit falsch ist, dass Leid zählt – sie ist älter als jede Kultur, tiefer als jede Tradition. Die kulturellen Variationen betreffen die Reichweite, nicht das Grundprinzip.
De Waal konvergiert mit Butler und Mbembe: Die Prekarität ist universal (Butler), die planetare Bedrohung trifft alle (Mbembe), die moralischen Intuitionen sind biologisch verankert (de Waal). Drei verschiedene Wege zu derselben Einsicht.
XVI. Vierzehnte Drift: Emergente Konvergenz (Axelrod)
Robert Axelrods Turniere mit Gefangenendilemma-Strategien belegten: Kooperative Strategien setzen sich durch, auch ohne zentrale Autorität. „Tit for Tat“ war die erfolgreichste Strategie: einfach, kooperativ, vergeltend, verzeihend.
Das ist spieltheoretische Grundierung für emergenten Universalismus: Universelle Normen können bottom-up entstehen, aus lokalen Interaktionen, ohne Oktroyierung durch ein Zentrum. Unter Bedingungen von Wiederholung und Reziprozität evolvieren kooperative Gleichgewichte.
Die Menschenrechte wären dann: kodifizierte Gleichgewichte, die sich als stabil erwiesen haben. Kein Staat will Genozid erleiden; also vereinbaren alle, ihn zu verbieten. Die Konvergenz emergiert aus geteilten Interessen.
XVII. Knotenpunkte: Zweite Verdichtung
Performative Konstitution: Butler, Barad, Merry legen offen, dass Rechte nicht gefunden, sondern hervorgebracht werden. Der Universalismus ist Horizont, nicht Fundament.
Geteilte Prekarität: Butler, Mbembe, de Waal verweisen auf etwas, das alle teilen: die Verletzlichkeit des Lebens, die planetare Bedrohung, die evolutionär verankerten Intuitionen.
Jenseits des Anthropozentrismus: Mbembe und Barad überschreiten die Grenze zwischen Mensch und Nicht-Mensch. Die Menschenrechte wären Vorläufer eines erweiterten Universalismus.
XVIII. Fünfzehnte Drift: Die vier Ontologien (Descola)
Philippe Descolas Par-delà nature et culture verschiebt die Frage von Epistemologie zu Ontologie. Es geht nicht nur darum, wie verschiedene Kulturen die Welt erkennen, sondern wie sie fundamental verschiedene Welten bewohnen.
Naturalismus – die moderne westliche Ontologie: physische Kontinuität, aber diskontinuierliche Innerlichkeit (nur Menschen haben Bewusstsein). Diese Ontologie begründet die Natur/Kultur-Dichotomie.
Animismus: Kontinuität der Innerlichkeit (Tiere, Pflanzen, Geister teilen dieselbe Art von Seele), aber physische Diskontinuität.
Totemismus: Sowohl Innerlichkeit als auch Physikalität sind kontinuierlich innerhalb bestimmter Gruppen.
Analogismus: Sowohl Innerlichkeiten als auch Physikalitäten sind diskontinuierlich, verbunden durch Korrespondenzen.
Der Naturalismus – und nur er – begründet die kategoriale Trennung zwischen Menschen und „Natur“, die den Menschenrechtsdiskurs ermöglicht. In animistischen Ontologien sind Berge, Flüsse, Tiere bereits Personen.
XIX. Sechzehnte Drift: Kosmopolitik (Stengers)
Isabelle Stengers‘ Cosmopolitiques wendet sich gegen zwei Gefahren: den Universalismus, der einen common world zu kennen behauptet; und die bloße Toleranz, die andere Weltbilder als „Glauben“ duldet, solange sie den wissenschaftlichen facts nicht widersprechen.
Stengers‘ Lösung: eine „Verlangsamung“ des Denkens. Kosmopolitisch denken heißt, die Frage „wer ist anwesend?“ radikal offen zu halten. Der „Kosmos“ meint nicht das gemeinsame Universum der Wissenschaft, sondern die unbekannte Konstellation aller Wesen, die in einer Situation anwesend sein könnten.
Für Menschenrechte: Die Frage „Wer hat Rechte?“ kann nicht vorab beantwortet werden. Sie muss in jeder Situation neu gestellt werden – so, dass auch die antworten können, deren Stimmen im liberalen Diskurs nicht als „politisch“ gelten.
XX. Siebzehnte Drift: Leben in den Ruinen (Tsing)
Anna Lowenhaupt Tsings The Mushroom at the End of the World folgt dem Matsutake-Pilz durch zerstörte Landschaften. Der Matsutake gedeiht nur in gestörten Ökosystemen; er entsteht durch Symbiose.
Verflechtung: „Wir sind mit anderen vermischt, bevor wir überhaupt beginnen zu kollaborieren.“ Identität ist nicht Voraussetzung von Beziehung, sondern deren Resultat.
Kontamination: Kein Wesen ist rein. Die Fantasie der Reinheit ist Teil des Problems.
Prekarität: Die Zukunft ist nicht planbar. Was bleibt, ist Aufmerksamkeit für das, was trotzdem wächst.
Tsing legt offen, dass das universalistische Projekt der Moderne selbst eine Skalierungsphantasie ist. Aber die gemeinsame Prekarität, die geteilte Verwundbarkeit – das ist eine andere Art von Universalität. Nicht abstrakt, sondern durch Verflechtung entstanden.
XXI. Achtzehnte Drift: Relationalität (Yunkaporta)
Tyson Yunkaportas Sand Talk bringt eine australisch-indigene Perspektive ein. In Yunkaportas Tradition existiert das Individuum nicht als isolierte Einheit – es ist Knotenpunkt in einem Geflecht von Beziehungen zu Ahnen, Land, Tieren, Sternen.
Der westliche Menschenrechtsdiskurs setzt das autonome Individuum voraus. Yunkaporta legt offen, dass diese Voraussetzung kulturell spezifisch ist. In relationalen Ontologien wäre die Frage: „Welche Verantwortlichkeiten entstehen aus welchen Beziehungen?“
Right Story vs. Wrong Story: Yunkaporta unterscheidet Erzählungen, die Beziehungen stärken, von solchen, die sie zerstören. Der Menschenrechtsdiskurs könnte beides sein – je nachdem, ob er Beziehungen stärkt oder Individuen aus ihren Beziehungsnetzen herauslöst.
XXII. Das Pluriversum
Die zapatistische Formel „un mundo donde quepan muchos mundos“ – eine Welt, in der viele Welten Platz haben – verdichtet das Bild. Das Pluriversum ist keine Toleranz verschiedener „Weltbilder“ in einem gemeinsamen Universum. Es ist die Anerkennung, dass verschiedene Welten real sind.
Arturo Escobars Designs for the Pluriverse: Die Krise der Moderne ist ontologisch. Das westliche „One-World World“ ist selbst eine partikuläre Ontologie, die sich als universal ausgibt.
Die auftauchende Formation: Nicht nur multiple Formulierungen universeller Prinzipien, sondern multiple Realitäten, in denen verschiedene Universalismen gelten. Die Herausforderung: Wie ko-existieren verschiedene Welten, ohne dass eine die anderen kolonisiert?
XXIII. Verdichtung: Offene Formationen
Die Drift hat sichtbar gemacht: Der Menschenbegriff selbst ist kontingent. Er setzt den Naturalismus voraus, eine Ontologie unter anderen. Ein „pluriversaler Universalismus“ müsste die Definition des Menschlichen selbst pluralisieren.
Wenn der Menschenbegriff kolonial kontaminiert ist – kann man ihn dekontaminieren, oder muss man ihn aufgeben? Wynter fordert die „Neuerfindung des Menschlichen“.
Wie verhält sich das zur politischen Praxis? Die Zapatistas, die Runakuna, die australischen First Nations kämpfen heute gegen Ausbeutung. Sie können nicht warten, bis die ontologischen Fragen geklärt sind. Der Menschenrechtsdiskurs ist ein verfügbares Werkzeug. Die Frage: Kann man ihn benutzen und zugleich transformieren?
Teil III: Das Phantom des Unterzeichners
Wer spricht, wenn „der Staat“ unterschreibt? Für wen? Wer hat ihn ermächtigt?
XXIV. Neunzehnte Drift: Der koloniale Schnitt
Die Staaten, die 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichneten, waren zum überwiegenden Teil koloniale Erbschaften. Afrika liefert das drastischste Beispiel. Die Grenzen zeichnen die Linien der Berliner Konferenz von 1884/85 nach. „Wir haben Linien auf Karten gezogen, wo nie ein weißer Fuß hingetreten ist“, bekannte Lord Salisbury 1906.
Die Somali wurden aufgeteilt zwischen fünf Territorien – ein Volk, das Sprache und Lebensweise teilte, zerschnitten durch Linien, die in Berlin gezogen wurden. Die OAU entschied 1963, die kolonialen Grenzen als unverletzlich zu behandeln: uti possidetis juris. Eine Entscheidung, die koloniale Willkür zur postkolonialen Ordnung erhob.
Der Staat, der die UN-Charta unterzeichnete, war ein Gebilde, dessen Grenzen von Kolonisatoren gezogen wurden, dessen Verwaltungsstrukturen koloniale Erbschaften waren, dessen „Staatsvolk“ eine europäische Fiktion darstellte.
XXV. Zwanzigste Drift: Bürger und Untertanen (Mamdani)
Mahmood Mamdanis Analyse entlarvt eine fundamentale Bifurkation. Der koloniale Staat operierte durch eine Doppelstruktur: direct rule für die städtischen Zentren, indirect rule für das ländliche Hinterland. Die Städte produzierten „Bürger“; das Land produzierte „Untertanen“ – Menschen unter „Gewohnheitsrecht“, administriert durch lokale Autoritäten.
Diese Struktur überlebte die Unabhängigkeit. Der postkoloniale Staat repliziert den kolonialen: dieselbe Spaltung zwischen urbaner Modernität und ländlicher „Tradition“.
Die Menschenrechte postulieren einen Bürger – ein Rechtssubjekt mit Ansprüchen gegenüber dem Staat. Aber der postkoloniale Staat kennt Bürger nur als Minderheit; die Mehrheit bleibt Untertanen. Der Unterzeichner verspricht Rechte für alle; seine Struktur garantiert sie nur für wenige.
XXVI. Einundzwanzigste Drift: Die imaginierte Gemeinschaft (Anderson)
Benedict Andersons Analyse verschärft das Problem. Die Nation ist eine „vorgestellte Gemeinschaft“ – imagined, weil ihre Mitglieder einander nie begegnen werden und dennoch das Bild ihrer Gemeinschaft in sich tragen. Der Nationalstaat ist ein historisches Artefakt des späten 18. Jahrhunderts.
Die Nationen, die unterzeichneten, waren erst wenige Jahrhunderte alt – die meisten postkolonialen Staaten noch viel jünger, manche gerade Wochen. Die Vorstellung, dass „Indien“ oder „Tansania“ als kohärente Einheiten existierten, war selbst koloniale Konstruktion.
Eric Hobsbawms Komplementäranalyse: Die „Traditionen“, auf die sich Nationalstaaten berufen, sind erfunden – hergestellt im 19. und 20. Jahrhundert, um Kohäsion zu erzeugen.
Wenn die Nation eine Imagination ist, ihre Traditionen erfunden, ihre Grenzen willkürlich – was bedeutet dann nationale Zustimmung? Die Signatur produziert, was sie zu repräsentieren vorgibt.
XXVII. Zweiundzwanzigste Drift: Seeing Like a State (Scott)
James C. Scotts Analyse enthüllt das epistemische Projekt des modernen Staates. Der vormoderne Staat war partiell blind; der moderne Staat strebt nach Lesbarkeit – er will seine Bevölkerung erfassen, kategorisieren, zählen. Nachnamen, Grundbücher, Zensusse, standardisierte Maße.
Diese Lesbarkeit erzwingt Vereinfachungen, die der Komplexität lokaler Verhältnisse Gewalt antun. Die Menschenrechte sind selbst ein Lesbarkeitsprodukt. Sie postulieren ein abstraktes Individuum – den „Menschen“ als Träger von Rechten, losgelöst von Familie, Clan, Kaste. Dieses Individuum ist die Einheit, die der moderne Staat verwalten kann.
Die Menschenrechte setzen den Staat voraus, den sie kritisieren – jenen lesbarmachenden Staat, der überhaupt erst „Individuen“ produziert.
XXVIII. Dreiundzwanzigste Drift: Die Elite-Konstruktion (Chatterjee)
Partha Chatterjees Analyse des antikolonialen Nationalismus enthüllt: Die „Nation“, die gegen die Kolonisatoren kämpfte, war ein Projekt urbaner, gebildeter Eliten. Diese Eliten teilten die Welt in zwei Sphären: die materielle (wo man vom Westen lernen musste); die spirituelle (wo die eigene Überlegenheit behauptet wurde).
Der antikoloniale Nationalismus war ein Projekt der Selbstdisziplinierung, durchgeführt von Eliten, die sich als Sprecher „des Volkes“ verstanden, ohne je mandatiert worden zu sein. Chatterjee nennt dies die „passive Revolution des Kapitals“.
Die Regierung, die unterschreibt, repräsentiert nicht „das Volk“ – sie repräsentiert eine Elite, die die koloniale Staatsform übernommen hat, die im Namen einer imaginierten Nation spricht.
XXIX. Verdichtungszone: Die leere Signatur
Die „plus 180 Staaten“ sind keine kohärenten Akteure mit klarem Willen. Sie sind koloniale Konstrukte, imperiale Erbschaften, revolutionäre Produkte. Ihre Grenzen sind willkürlich, ihre „Völker“ Fiktionen, ihre Regierungen Eliten, die im Namen von Millionen sprechen, ohne Mandat.
Die Unterschrift ist leer – nicht bedeutungslos, aber sie repräsentiert nicht, was sie zu repräsentieren vorgibt. Der Staat unterschreibt für sich selbst, für seine Eliten, für seine Position im internationalen System.
Aber gerade weil die Unterschrift leer ist, kann sie angeeignet werden. Die Menschenrechte wurden von Eliten unterzeichnet; sie wurden von Bewegungen eingefordert. Die Staaten ratifizierten Dokumente, die dann gegen sie verwendet wurden. Die koloniale Konstruktion „Südafrika“ unterzeichnete eine Erklärung, die später gegen die Apartheid mobilisiert wurde.
Auftauchende Formation: Die Menschenrechte sind nicht legitimiert durch die Unterschriften der Staaten. Sie sind legitimiert – wenn überhaupt – durch die Kämpfe derer, die sie einfordern. Die Legitimation liegt nicht im Ursprung, sondern im Gebrauch.
XXX. Vierundzwanzigste Drift: Gegen den Staat, für die Rechte?
Wenn der Staat nicht der legitime Garant von Rechten sein kann, wer dann? Die anarchistische Tradition bietet eine Antwort: niemand. Rechte sind nicht Gaben von oben; sie sind Erkämpfungen von unten. Sie existieren nicht als Dokumente, sondern als Praktiken.
Die Menschenrechte wären dann nicht universalistisch, weil alle Staaten sie unterzeichnet haben, sondern weil Menschen überall – gegen ihre Staaten – auf ihnen bestehen. Die Universalität liegt nicht in der Konvention, sondern in der Konvergenz – in der Tatsache, dass Menschen in verschiedensten Kontexten zu ähnlichen Forderungen gelangen.
Ubuntu postuliert Würde als relational, nicht staatlich garantiert. Das konfuzianische Tianli setzt Normen jenseits staatlicher Setzung. Gandhis Swaraj meint nicht den unabhängigen Nationalstaat, sondern die Fähigkeit der Dörfer, sich selbst zu regieren.
Die Staatskritik führt nicht zur Aufgabe der Menschenrechte. Sie führt zur Befreiung der Menschenrechte vom Staat – zur Einsicht, dass ihre Universalität nicht in staatlicher Ratifikation liegt, sondern in menschlicher Praxis. Die „plus 180 Staaten“ sind koloniale Phantome; die Menschen, die Würde einfordern, sind real.
XXXI. Schlussformation
Provisorische Formulierung: Die Menschenrechte sind universal, aber ihre Universalität liegt weder in westlicher Herkunft noch in staatlicher Ratifikation. Sie liegt in der Konvergenz verschiedener Traditionen auf ähnliche Forderungen, in der Praxis von Menschen, die Würde einfordern, in der Aneignung von oben formulierter Texte durch von unten kommende Bewegungen.
Die Kritik am westlichen Monopol ist berechtigt; die Schlussfolgerung, die Menschenrechte an den Staat zu delegieren, führt in die Sackgasse. Die Staatskritik selbst eröffnet die Möglichkeit einer anderen Universalität: einer Universalität des Kampfes, nicht der Konvention.
Das Dérive produziert keine Lösung, nur Pfade. Die Fragen bleiben offen – aber präziser gestellt, von mehr Seiten beleuchtet, über mehr Grenzen hinweg verfolgt.
天問 – Himmelsfragen. Fragen, die nicht auf Antworten zielen, sondern auf besseres Fragen.
Quellenliste
Anderson, Benedict (1983): Imagined Communities. London: Verso.
Axelrod, Robert (1984): The Evolution of Cooperation. New York: Basic Books.
Barad, Karen (2007): Meeting the Universe Halfway. Durham: Duke University Press.
Butler, Judith (2004): Precarious Life. London: Verso.
Butler, Judith (2009): Frames of War. London: Verso.
Chatterjee, Partha (1993): The Nation and Its Fragments. Princeton: Princeton University Press.
de la Cadena, Marisol (2015): Earth Beings. Durham: Duke University Press.
de Sousa Santos, Boaventura (2014): Epistemologies of the South. Boulder: Paradigm.
de Waal, Frans (2006): Primates and Philosophers. Princeton: Princeton University Press.
Descola, Philippe (2013): Beyond Nature and Culture. Chicago: University of Chicago Press.
Dussel, Enrique (1995): The Invention of the Americas. New York: Continuum.
Dussel, Enrique (2013): Ethics of Liberation. Durham: Duke University Press.
Escobar, Arturo (2018): Designs for the Pluriverse. Durham: Duke University Press.
Hobsbawm, Eric / Ranger, Terence (Hg.) (1983): The Invention of Tradition. Cambridge: Cambridge University Press.
Laozi: Daodejing 道德經.
Mamdani, Mahmood (1996): Citizen and Subject. Princeton: Princeton University Press.
Mbembe, Achille (2021): Out of the Dark Night. New York: Columbia University Press.
Mbembe, Achille (2024): The Earthly Community. Durham: Duke University Press.
Mengzi: Mengzi 孟子.
Merry, Sally Engle (2006): Human Rights and Gender Violence. Chicago: University of Chicago Press.
Panikkar, Raimon (1979): Myth, Faith and Hermeneutics. New York: Paulist Press.
Ramose, Mogobe (1999): African Philosophy Through Ubuntu. Harare: Mond Books.
Scott, James C. (1998): Seeing Like a State. New Haven: Yale University Press.
Spivak, Gayatri Chakravorty (1988): „Can the Subaltern Speak?“. In: Nelson/Grossberg (Hg.): Marxism and the Interpretation of Culture. Urbana: University of Illinois Press.
Stengers, Isabelle (1996-1997): Cosmopolitiques, 7 Bde. Paris: La Découverte.
Tsing, Anna Lowenhaupt (2015): The Mushroom at the End of the World. Princeton: Princeton University Press.
Viveiros de Castro, Eduardo (1998): „Cosmological Deixis and Amerindian Perspectivism“. Journal of the Royal Anthropological Institute 4(3): 469–488.
Wynter, Sylvia (2003): „Unsettling the Coloniality of Being/Power/Truth/Freedom“. CR: The New Centennial Review3(3): 257–337.
Yunkaporta, Tyson (2019): Sand Talk. Melbourne: Text Publishing.